Holunder – Ruis / Trom
Sambucus nigra – Schwarzer Holunder
3. Oktober – 30. Oktober
Der Holunder ist ein knorriger Busch, wir kennen ihn auch als Hollerbaum oder Hollerbusch, Elderbaum und Schwarzholder. Mit seiner anspruchslosen Art wächst er bis zu elf Meter hoch und benötigt dafür kaum Erde. Man sagt, dass er von Holda, einer germanischen Göttin, als Lieblingsbaum auserkoren wurde und Haus, Hof, Mensch und Tier schützt. Dazu später mehr…
Traditionell hat der Holunder-Baum zwei Bedeutungen, zum einen steht er mit seinem Aussehen und dem für manche Menschen unangenehmen Geruch als Symbol für Hexerei und Böses, aber er hilft ebenso bei Ausschlägen und Hautentzündungen und ist ein kraftvoller und schützender Baum für Wohlbefinden.
Volksglauben und Bräuche
Wie schon erwähnt gibt es den Glauben, dass der Holunderbaum Unglück bringt und bösartig ist. Im Irischen heisst es, Holunder enthält ‚crostáil‘ – „schlechte Laune oder Unfug“.
Ein altes irisches Sprichwort besagt, dass die drei Anzeichen eines verlassenen Ortes sind: ein Holunder, Brennnesseln und der Wachtelkönig. Adamnán, Abt von Iona, verfasste ein Gesetz, dass Frauen und Kinder im Krieg nicht getötet werden durften. Verstiess jemand gegen dieses Gesetz, so würde er verflucht sein und ruiniert sein. Seine Erben würden Holunder, Brennnessel und Wachtelkönig sein.
In vielen Ländern bringt man keinen Holunder ins Haus oder schläft unter einem Busch, da der Geruch seiner Blätter und Blüten eine narkotische Wirkung haben und giftig sind. Es heisst sogar man sollte kein Holunderholz verbrennen, denn das bringt den Teufel ins Haus. Auch ist es wohl gefährlich und dumm eine Wiege aus Holunder zu bauen, denn diese Wiege wird das Kind krank machen und die Feen können es leicht stehlen.
In den Annalen der vier Meister gibt es eine Geschichte in der eine Königin einen Zauber spricht, um sich an der schwangeren Mätresse des Königs zu rächen. Sie bindet ein Bündel Holunderruten mit 9 Knoten an eine magische Schnur und verlängert damit bindet die Qualen der Geburt für ihre Nebenbuhlerin.
In Irland glaubt man, dass wenn man ein Menschen- oder Tier-Kind mit Holunder schlägt hört es auf zu wachsen.
In vielen Ländern spricht man von einem Holundergeist oder Muttergeist, der im Baum wohnt und ihn beschützt. So bittest du in Dänemark besser immer die Holundermutter um Erlaubnis, wenn du Holz schneidest, sonst werden die Möbel, die du daraus machst, von ihr heimgesucht.
Der Schutz des Holunders
All dieser Glaube an das Böse im Holunder zeigt, wie mächtig Baum eingeschätzt wird. Ebenso wird er auch zum Schutz verwendet. So gelten die Eberesche und der Holunder in Schottland als bester Schutz gegen Hexerei und böse Zaubersprüche. Häufig Holunderkreuze wurden in Ställen aufgestellt. In Irland diente ein Kranz aus Holunder als Schutz für Milch.
In Suffolk glaubt man dass Holunderblätter in der Tasche Sattelwunden beim Reiten verhindern.
Holunder und Feen
Selbstverständlich gibt es eine Verbindung des Holunderbaums zur Feenwelt. Möchtet ihr einmal Feen sehen? Die Zeit dazu ist Halloween und ihr braucht einen Holunder der in der Nähe eines Feenhügels steht. Dann tragt den grünen Saft der inneren Rinde des Baumes auf eure Augenlider und wartet. Bald werdet ihr den Feenzug vorbeifahren sehen. In Dänemark ist es wohl am Mittsommerabend möglich, wenn ihr dann unter einem Holunder steht, werdet ihr den König des Feenlandes und sein Gefolge vorbeifahren sehen.
Auf der Isle of Man hatte jedes Haus seinen Holunder (tramman auf Manx), der neben der Tür gepflanzt war. Feen spielten und schwangen gern in den Bäumen, und wenn ein Ast oder der Baum gefällt wurde, trauerten sie und verließen das Haus. Wenn der Wind durch die Zweige wehte, glaubten die Manx, dass es die Feen waren, die auf ihnen ritten.
Legenden und Mythologie
In Legenden wird der Holunder nicht erwähnt. Er erscheint jedoch in vielen Volksmärchen. Darunter gibt es das Märchen der ‚Mutter Holunder‘ von Hans Christian Andersen. Leider konnte ich das nicht einzeln finden. Aber da ist ja das Grimmsche Märchen von Frau Holle, was wir wahrscheinlich alle gut kennen.
Frau Holle war, bevor sie in den Grimms Märchen über Gut und Böse urteilte (Goldmarie und Pechmarie) und den Schnee beim Bettenaufschütteln zur Erde fallen ließ, eine germanische Mutter- und Baumgöttin. Als solche beschützte sie Pflanzen, Tiere, Haus, Hof, Mensch und Vieh gegen dunkle Mächte, böse Geister, Feuer, Blitzschlag, schwarze Magie und Hexen. Sie herrschte über das Wetter und konnte mit ihrer Macht gute Ernte und somit Wohlstand bringen. Außerdem hatte die Göttin die Macht, über Geburt und Tod zu entscheiden. Daher wurde sie früher häufig mit Milchopfern oder Brot und Bier verwöhnt. Auch beherbergte der Busch wohlgesinnte Hausgeister, was den Strauch in vielen Hausgärten heimisch werden ließ und zu dem Spruch führte, dass man vor einem Hollerbusch den Hut ziehen müsse.
Frau Holle – das Märchen
Die Sache mit der Spindel
Eine Witwe hatte zwei Töchter, davon war die eine schön und fleißig, die andere hässlich und faul. Sie hatte aber die hässliche und faule, weil sie ihre richtige Tochter war, viel lieber, und die andere musste alle Arbeit machen. Das arme Mädchen musste sich täglich neben einen Brunnen an der Strasse setzen und so viel spinnen, dass ihm das Blut aus den Fingern lief. Nun trug es sich zu, dass die Spule einmal ganz blutig war, da bückte sie sich damit über den Brunnen und wollte sie abwaschen. Sie sprang ihr aber aus der Hand und fiel hinab. Sie weinte, lief zur Stiefmutter und erzählte ihr das Unglück. Die Mutter schimpfte mit ihr aber so heftig, war unbarmherzig und sagte: „Du hast die Spule hinunterfallen lassen, so hole sie auch wieder herauf.“
Der Weg zu Frau Holle
Da ging das Mädchen zu dem Brunnen zurück und wusste nicht, was sie anfangen sollte. Und in ihrer Herzensangst sprang sie in den Brunnen hinein, um die Spule zu holen. Sie verlor die Besinnung, und als sie erwachte und wieder zu sich kam, war sie auf einer schönen Wiese, voller Sonnenschein wo viele tausend Blumen blüten.
Sie ging entlang der Wiese und kam zu einem Backofen, der war voller Brot; das Brot aber rief: „Ach, zieh mich raus, zieh mich raus, sonst verbrenn ich. Ich bin schon längst ausgebacken.“ Da trat sie näher und holte mit dem Brotschieber alle Laibe nacheinander heraus. Danach ging sie weiter und kam zu einem Baum, der hing voll Äpfel und rief ihm zu: „Ach schüttel mich, schüttel mich, wir Äpfel sind alle miteinander reif.“ Da schüttelte sie den Baum, dass die Äpfel fielen, als regneten sie, und schüttelte, bis keiner mehr oben war. Als sie alle in einen Haufen zusammengelegt hatte, ging sie wieder weiter.
Endlich kam sie zu einem kleinen Haus, daraus guckte eine alte Frau, weil sie aber so große Zähne hatte, bekam das Mädchen Angst, und wollte weglaufen. Die alte Frau aber rief ihr nach: „Was fürchtest du dich, liebes Kind? Bleib bei mir; wenn du alle Arbeit im Haus ordentlich tun willst, so soll es dir gut gehen. Du musst nur achtgeben, dass du mein Bett gut machst und es fleißig aufschüttelst, dass die Federn fliegen, dann schneit es in der Welt. Ich bin die Frau Holle.“ Weil die Alte ihr so gut zusprach, fasste sich das Mädchen ein Herz, willigte ein und begab sich in ihren Dienst. Sie besorgte auch alles zu ihrer Zufriedenheit. Sie schüttelte ihr das Bett immer gewaltig auf, dass die Federn wie Schneeflocken umherflogen. Dafür hatte sie auch ein gutes Leben bei ihr, kein böses Wort und alle Tage Gekochtes und Gebratenes.
Nun war sie eine Zeit lang bei der Frau Holle, da wurde sie traurig und wusste anfangs selbst nicht, was ihr fehlte. Endlich merkte sie, dass es Heimweh war; ob es ihr hier gleich viel tausendmal besser ging als zu Hause, so hatte sie doch ein Verlangen dahin. Endlich sagte sie zu ihr: „Ich habe zu Hause kein einfaches Leben, aber wenn es mir auch noch so gut hier unten geht, so kann ich doch nicht länger bleiben, ich muss wieder hinauf zu den Meinigen.“
Die Frau Holle sagte: „Es gefällt mir, dass du wieder nach Hause möchtest, und weil du mir so treu gedient hast, so will ich dich selbst wieder hinaufbringen.“ Sie nahm sie darauf bei der Hand und führte sie vor ein großes Tor. Daraufhin öffnete sich das Tor, und wie das Mädchen gerade darunter stand, fiel ein gewaltiger Goldregen, und alles Gold blieb an ihm hängen, so dass es über und über davon bedeckt war. „Das sollst du haben, weil du so fleißig gewesen bist“, sprach die Frau Holle und gab ihr auch die Spule wieder, die ihr in den Brunnen gefallen war. Darauf wurde das Tor verschlossen, und das Mädchen befand sich oben auf der Welt, nicht weit vom Haus seiner Mutter. Und als es in den Hof kam, saß der Hahn auf dem Brunnen und rief:
„Kikeriki, unsere goldene Jungfrau ist wieder hie.“
Da ging sie hinein zu seiner Mutter. Weil sie so mit Gold bedeckt ankam, wurde sie von ihr und der Schwester gut aufgenommen.
Die Schwester und Frau Holle
Das Mädchen erzählte alles, was ihm begegnet war, und als die Mutter hörte, wie es zu dem großen Reichtum gekommen war, wollte sie der andern hässlichen und faulen Tochter gerne dasselbe Glück verschaffen. Sie musste sich an den Brunnen setzen und spinnen. Und damit ihre Spule blutig wurde, stach sie sich in die Finger und stieß sich die Hand in die Dornenhecke. Dann warf sie die Spule in den Brunnen und sprang selber hinein.
Sie kam, wie die andere, auf die schöne Wiese und ging auf dem selben Weg weiter. Als sie zu dem Backofen kam, schrie das Brot wieder: „Ach, zieh mich raus, zieh mich raus, sonst verbrenn ich, ich bin schon längst ausgebacken.“ Die Faule aber antwortete: „Als ob ich Lust hätte, mich schmutzig zu machen!“, und ging fort. Bald kam sie zu dem Apfelbaum, der rief: „Ach, schüttel mich, schüttel mich, wir Äpfel sind alle miteinander reif.“ Sie antwortete aber: „Du kommst mir recht, es könnte mir einer auf den Kopf fallen!“, und ging damit weiter. Als sie vor das Haus der Frau Holle kam, fürchtete sie sich nicht, weil sie von ihren großen Zähnen schon gehört hatte, und trat gleich in ihren Dienst.
Am ersten Tag bemühte sie sich, war fleißig und folgte der Frau Holle, wenn sie ihr etwas sagte, denn sie dachte an das viele Gold, das sie ihr schenken würde. Am zweiten Tag aber fing sie schon an zu faulenzen, am dritten noch mehr, da wollte sie morgens gar nicht aufstehen. Sie machte auch das Bett der Frau Holle nicht, wie es sich gehörte, und schüttelte es nicht.. Das gefiel Frau Holle überhaupt nicht und sie wollte den Dienst der Faulen beenden. Die Faule war damit zufrieden und meinte, nun würde der Goldregen kommen.
Die Frau Holle führte sie auch zu dem Tor, als sie aber darunter stand, wurde statt des Goldes ein großer Kessel voll Pech ausgeschüttet. „Das ist zur Belohnung deiner Dienste“, sagte die Frau Holle und schloss das Tor zu. Da kam die Faule heim, aber sie war ganz mit Pech bedeckt. Der Hahn auf dem Brunnen, als er sie sah, rief:
„Kikeriki, unsere schmutzige Jungfrau ist wieder hie.“
Das Pech aber blieb fest an ihr hängen und wollte, solange sie lebte, nicht abgehen.
Quelle: Grimms Märchen, gekürzte und überarbeitete Fassung
Verwendung von Holunder
Das Holz wird wenig genutzt, früher häufig für Riegel an Stalltüren oder als Liebesorakel für junge Frauen. Jedoch hat der Baum gute medizinische Eigenschaften, zum Beispiel als Schwitztee. Unter Einem Holunderbaum soll man auch vor Schlangenbissen und Mückenstichen geschützt sein.
Und natürlich ist die Verwendung von Blumen und Beeren zur Weinherstellung nicht zu vergessen.
Der Holunder sucht die Nähe des Menschen, sagt man. In der Tat wächst er am liebsten im Schutze von Scheunen, nah bei den Häusern oder an Wiesen- und Waldrändern sowie entlang von Bahngeleisen. Verdorrt ein Holunderbusch, zeigt er den Tod eines Familienmitglieds an.
Ein kleiner Baum mit vielen Geschichten und grosser Bedeutung!