Der irische Baumkalender – die Weide

S      Sail –  Saileach – Weide

 

21ster – 17ter April, der 6te Monat (Salix caprea – Salweide, Salix Cinerea – Aschweide)

 

Die Weide ist ein Baum, dessen Kätzchen Nektar enthalten. Dieser Nektar versorgt Bienen mit wichtigen Nährstoffen im Frühling. Die Weide ist schnell wachsend und steht gerne am Wasser. Somit steht sie als Symbol für Fruchtbarkeit und Leben. Im Englischen ist ihr Name Sallow oder Sally.

 

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Volksglauben und Bräuche

 

Viele Bräuche gibt es in Verbindung mit der Weide. Wie der Name schon sagt, steht die Trauerweide für Kummer und Gram. Im 16. und 17. Jahrhundert war es wohl Brauch, dass verlassene Liebende Kränze oder Hüte aus Weidenholz trugen. In vielen Gedichten über , unerwiderte Liebe taucht die Weide auf.

Anders wird die Weide im irischen Volkglauben als heller, fröhlicher Baum gesehen. Hier glaubt man, es ist gut eine ‚Sally‘-Rute mit auf eine Reise zu nehmen. Es bringt Glück. Auf den Bauernhöfen wusste man, dass eine geschälte Weidenrute, die um eine Milchkanne gelegt wird, für gute Butter sorgt, eine Methode, die besonders in West Cork verwendet wurde, wenn die Butter nicht gelingen wollte.
Hat sich ein Tier das Fell an einer Stelle abgerieben, so bringt das Einreiben mit Weidenkohle die Haare zurück.

Selbstverständlich wissen die meisten, dass die langen, biegsamen Triebe sich hervorragend zum Korbflechten eignen. Im Deutschen kennen wir Weidenkörbe, im Englischen heissen sie Wicker Baskets, das Wort Wicker leitet sich vom Altenglischen ab und bedeutet ’sich biegen oder nachgeben‘.

Der Kräuterkundler Culpeper, der im 17. Jahrhundert lebte, sagte über die Weide, dass sie „dem Mond gehört“. In Schottland galt die Regel, die flexiblen Zweige, die Ruten von Weiden oder Haselbäumen sollten niemals geschnitten werden während der Mond abnimmt. Zu dieser Zeit geschnittenes Holz ist spröde und trocken. Idealerweise schneidet man es mit dem zunehmenden Mond.

Die Eigenschaft der Flexibilität und Biegsamkeit der Weide ist vielleicht auch die Grundlage für einen merkwürdigen Volksglauben in Irland. Es heisst, die Weide kann einen unkontrollierbaren Wunsch zu tanzen hervorbringen. So bringt wohl ein Weidenstab über der Eingangstür eines Hauses die Menschen darin dazu ununterbrochen zu tanzen.

 

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Legenden und Mythologie

 

Die irische Harfe, ein so wichtiges Symbol, welches wir nicht nur auf der irischen Münze, sondern auch auf einem Glas Guinness finden hat eine Verbindung zur Weide. Die irische Harfe wurde traditionell aus ihrem Holz gefertigt.

Dazu gibt es eine schöne Geschichte.

 

Der König mit den Pferdeohren

 

Vor langer Zeit lebte in Irland ein König namens Labhraidh Loingseach. Er war ein sehr bekümmerter König, weil er ein großes Geheimnis bewahren musste. Er hatte Pferdeohren! Jeden Tag trug er seine Krone tief auf seinen Kopf gezogen, damit niemand sie sehen konnte. Dies wurde jedes Mal zu einem großen Problem, wenn er einen Haarschnitt brauchte. Um seine Pferdeohren geheim zu halten, ließ er jeden armen Friseur töten, der ihm die Haare schnitt!

Nun gab es im Königreich von König Labhraidh einen jungen Mann namens Dónal. Er träumte davon, ein berühmter Friseur zu werden, doch seine Mutter war damit nicht einverstanden.

„Du bist mein einziger Sohn. Was wäre, wenn unser grausamer König dich aussucht, um ihm die Haare zu schneiden? Du würdest getötet werden!“

Dónals Mutter wollte stattdessen, dass er ein großer Held wird. Dann klopfte eines Tages ein Bote vom Königshof an die Tür. Dónal war als nächster unglücklicher Friseur des Königs ausgewählt worden.

Seine Mutter machte sich große Sorgen. Es war nicht fair, dass Dónal hingerichtet werden würde. Voller Angst rannte sie so schnell sie konnte zum Königspalast, aber die Wachen ließen sie nicht passieren. So kniete sie an den Palastmauern und weinte und jammerte den ganzen Tag und die ganze Nacht. Ihre Schreie waren kilometerweit zu hören und die Hunde des Königs wimmerten bei dem Geräusch. Schließlich glaubte König Labhraidh, seine Trommelfelle würden bei ihrem schrecklichen Heulen platzen, und er ging hinaus, um mit Dónals Mutter zu sprechen:

„Warum schreist und heulst du vor meinem Palast? Ich habe die ganze Nacht kein Auge zugetan!“

Sie flehte den König an:

„Ich bin verzweifelt, weil mein Sohn Dónal Euch die Haare schneiden soll. Bitte lasst ihn nicht töten! Er ist mein einziger Sohn. Wenn Ihr sein Leben nicht verschont, werde ich hier bleiben und für den Rest meines Lebens um ihn weinen!“

König Labhraidh war von der Trauer der Frau berührt. Außerdem konnte er sich nicht vorstellen, ihrem Schreien noch länger zuhören zu müssen. Er versprach, Dónals Leben unter einer Bedingung zu schonen:

„Dein Sohn muss schwören, niemandem zu erzählen, was er sieht, wenn er mir die Haare schneidet. Kein Wort zu irgendetwas mit Augen oder Ohren!“

Dónal versprach, das Geheimnis von König Labhraidh zu bewahren. Er schnitt ihm die Haare und durfte leben, wurde aber bald sehr krank. Seine Mutter war besorgt und fragte ihn, was los sei.

„Es ist das Geheimnis des Königs. Ich kann an nichts anderes denken und ich kann nicht schlafen. Das Schlimmste ist, dass ich es niemandem erzählen kann!“

Seine Mutter brachte ihn zu einem Druiden. Der Druide hörte sich Dónals Problem an und sagte zu ihm:

„Die Heilung liegt auf der Hand! Wenn Du dieses schreckliche Geheimnis niemandem mit Augen oder Ohren verraten kannst, musst Du es einer alten Weide erzählen.“

Dónal ging zu einem Fluss in der Nähe, dort stand eine grosse alte Weide. Ihr flüsterte er das Geheimnis des Königs Labhraidh zu, wie es ihm der Druide gesagt hatte. Es ging ihm sofort besser.

Es geschah zu dieser Zeit, dass König Labhraidhs Lieblingsmusiker nach einer neuen Harfe suchte. Im ganzen Land hatte er gesucht, aber er konnte keine Harfe mit dem perfekten Klang finden.  Als er eines Tages an dem Fluss entlang ging, sah er die alte Weide und dachte sich:

„Das Holz dieses Baumes würde eine wunderschöne Harfe hervorbringen!“

Und so fällte er den Baum und baute sich eine Harfe. An einem der folgenden Abende gab der König ein grosses Bankett und bestellte Musik für sein grosses Fest. Der Musiker ging mit seiner neuen Harfe in die Mitte des Raumes und alle bemerkten, wie schön sie war. Sobald er die erste Note spielte, begann die Harfe plötzlich zu singen, ganz von alleine!

„Labhraid Loingseach hat Pferdeohren“, Labhraidh Loingseach hat Pferdeohren, Labhraidh Loingseach hat Pferdeohren..!“

König Labhraidh sprang in entsetzter Wut von seinem Thron. Seine Krone fiel ihm krachend vom Kopf und fiel zu Boden! Es herrschte Stille im Raum, während die weichen, pelzigen Pferdeohren des Königs groß und stolz für alle sichtbar dastanden. Der König stellte bald fest, dass es ihm viel besser ging, nachdem sein Geheimnis gelüftet war.

Nach einer Weile nahm niemand mehr Notiz von seinen Ohren. Ihm wurde klar, dass es wirklich keine große Sache war. Er erkannte auch, dass es keinen Sinn hatte, ein Geheimnis für sich zu behalten. Er fühlte sich glücklicher und entspannter als je zuvor. Tatsächlich war das ganze Königreich ein glücklicherer Ort.

Dank Dónal wurden alle Friseure im Königreich vor dem sicheren Tod gerettet. Diese Tatsache machte ihn zu einem großen Helden, so wie es sich seine Mutter immer gewünscht hatte. Auch Dónal war begeistert, denn sein eigener Traum, ein berühmter Friseur zu werden, ging in Erfüllung. Er wurde zum Royal Barber befördert!

 

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Saisonale Platzierung

 

Die Weide steht mit dem wichtigen Nektar ihrer Weidekätzchen, die im März oder April an männlichen Bäumen wachsen für den Frühling.

 

Verwendungsmöglichkeiten

 

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Weiden bieten die Ruten für Korbwaren. Das Holz wird für verschiedene Haushaltsgeräte genutzt und, wie wir wissen, aus Weidenholz kann man wunderschöne Harfen bauen.

 

 

 

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